Der Staatspreis für das Kunsthandwerk wird alle drei Jahre vom Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau und der Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern Rheinland-Pfalz organisiert veranstaltet. Ziel des Wettbewerbs ist es, das handwerkliche und kulturelle Potenzial des Landes sichtbar zu machen und durch zeitgemäße Ausdrucksformen Impulse für die Weiterentwicklung zu geben. Der Staatspreis Kunsthandwerk ist mit 15.000 Euro dotiert. Frank Kunert, Fotograf und Modellbauer aus Boppard, Helena Renner, Goldschmiedin und Künstlerin aus Idar-Oberstein und Martin Schlotz, Keramiker aus Laudert, erhielten jeweils einen der gleichwertigen Staatspreise in Höhe von 5.000 Euro. Weiterhin gab es eine Auszeichnung des Förderpreises für Kunsthandwerk für Jannis Keller, Tischler aus Mainz und einen Preis des Handwerks für Franz Leonhard Sommer, Tischler aus Breitscheid. Die Preise wurden von Wirtschafsministerin Daniela Schmitt und Hans-Jörg Friese, Präsident der Handwerkskammer Rheinhessen, übergeben. Neben Vertretern des Ministeriums und der Handwerkskammern Rheinland-Pfalz war auch der Idar-Obersteiner Oberbürgermeister Frank Frühauf zur Preisverleihung nach Mainz gekommen und gratulierte den Preisträgern persönlich.
Renner überzeugte die Jury mit Arbeiten, die sich kritisch und zugleich poetisch mit dem Verhältnis des Menschen zum eigenen Körper auseinandersetzen. Ausgangspunkt Renners künstlerischer Praxis sind Kleidungsstücke wie Shapewear und Unterwäsche, die sie verformt, zerschneidet und mit Perlen, Edelsteinen und weiteren Materialien kombiniert. In fotografischen Inszenierungen am Körper erhalten diese Objekte eine zusätzliche Ebene der Reflexion. Damit hinterfragt Renner gesellschaftliche Schönheitsideale und deren Einfluss auf Selbstwahrnehmung und Lebensrealität.
Die ausgezeichnete Arbeit „Progress?“, ein opulentes Schmuckstück, bestehend aus hunderten Perlen und Seide, wird unter dem Bauch getragen und weist darauf hin, dass jeder Körper, egal wie er durch das Leben geformt wurde, es verdient, geschmückt zu werden. In stundenlanger Arbeit wurden die einzelnen Perlen per Hand übereinander gestickt, ein Prozess, der den langen Weg der Selbstakzeptanz in Bezug auf den eigenen Körper abbildet. In ihrem Statement schreibt die Jury: „Helena Renner verbindet in Progress? Kunst, Handwerk und Körperpolitik – Schönheit und Schmerz, Intimität und gesellschaftliche Relevanz. Ihr Werk zeigt nicht nur ein Schmuckstück, sondern eine Haltung: für mehr Selbstliebe, mehr Offenheit, mehr Mut. Und vielleicht ist das die schönste Botschaft: Selbstakzeptanz ist kein Ziel, sondern ein Weg aus vielen kleinen Schritten. In diesem Unperfekten, zutiefst Menschlichen, liegt eine stille Schönheit.“
Die 1990 geborene Künstlerin studierte zunächst Germanistik und Soziologie an der Universität Trier, absolvierte danach ihre handwerkliche Goldschmiedeausbildung als Bundesbeste des Jahres 2020 und schloss 2024 ihr Studium im Fach Edelstein und Schmuck an der Hochschule Trier am Campus in Idar-Oberstein ab. Bereits im selben Jahr erhielt sie den renommierten Marzee Graduate Prize der Galerie Marzee in den Niederlanden und den Grassipreis der Sparkasse Leipzig. 2025 folgte der dritte Platz beim BKV-Preis des Bayerischen Kunstgewerbevereins. Neben Beteiligungen an Schmuckmessen und Gruppenausstellungen präsentierte sie ihre Werke in diesem Jahr erstmals in einer Einzelausstellung im Maquis Mami Wata in Mannheim. Anfang 2025 eröffnete sie zudem ihr eigenes Atelier im ehemaligen Zerfass-Gebäude in Idar-Oberstein. Mit dem Staatspreis reiht sich Helena Renner in eine Reihe herausragender Schmuckschaffender ein, deren Arbeiten sowohl handwerkliche Exzellenz als auch künstlerische Relevanz auszeichnen.
- Die Ausstellung der prämierten Arbeiten ist noch bis zum 10. Oktober 2025 in Mainz zu sehen. Nähere Informationen kurz Künstlerin gibt es unter www.helenarenner.com.